Bei genauerem Hinsehen dreht sich die aktuelle Diskussion um die zu erwartenden Folgewirkungen von KI-Tools für das Kommunikationsmanagement – zuletzt intensiviert durch die rasante Verbreitung von Chat-Bots auf der Grundlage von Large Language Models – im Kern um die Frage, worum es bei Public Relations und Unternehmenskommunikation eigentlich geht. Wenn hier „Revolutionen“ ausgerufen werden, wie zuletzt von Bernhard Fischer-Appelt bei gleichzeitiger Ankündigung von Produktivitätssteigerung um 30 bis 40 Prozent, oder „Sinnkrisen der PR und Kommunikation“ am Horizont erscheinen, wie Jan Hiesserich von Palantir sie erwartet, dann geht es vor allem um den Aspekt der automatisierten Produktion von Inhalten. Die Schlussfolgerungen oszillieren dann zwischen der befürchteten Selbstabschaffung des Kommunikationsmanagements auf dem Wege des Einsatzes von KI auf der einen und dem Verweis auf neue Gestaltungsfreiräume durch die Abgabe von zeitraubenden inhaltlichen Routinearbeiten an die Maschine auf der anderen Seite.
An der Art, wie die Debatte geführt wird, ist Zweierlei interessant: Einerseits wird die Frage, welche Auswirkung die maschinelle Produktion dauerhaft auf die Akzeptanz von Inhalten hat, nur selten gestellt und wenn, dann geht es in der Regel um Fakes und Missbrauch. Andererseits scheint es eine stillschweigende Übereinkunft darüber zu geben, dass Kommunikationsmanagement vor allem im gelungenen Transfer von Inhalten an Zielgruppen besteht – die Idee der Skalierung nach dem Motto „viel hilft viel“ inklusive. Beide Sichtweisen reichen allerdings zu kurz.
Man muss nicht das Schicksal Cyrano de Bergeracs bemühen, um zu erkennen, dass der Absender bei der Akzeptanz für eine Botschaft eine zentrale Rolle spielt. Die übergroße Nase der KI – um im Bild zu bleiben – wird sich nur um den Preis der Intransparenz verbergen lassen. Kein Unternehmen kann sich diesem Risiko aussetzen und Regulierung zur eindeutigen Markierung maschinell produzierter Inhalte ist auch schon unterwegs. Und das aus gutem Grund, wenn man zum Beispiel das kontinuierlich abnehmende Interesse an Nachrichten betrachtet. Nur 52 Prozent der Befragten in Deutschland sind aktuell noch besonders an Nachrichten interessiert und nur 43 Prozent vertrauen ihnen. In diese Konstellation der zunehmenden News Avoidance hinein vor allem KI-generierte Inhalte zu kommunizieren, birgt große Risiken für das eigene Vertrauenskapital. Dabei muss man nicht einmal auf die mittlerweile erkannte Fehleranfälligkeit der KI-Modelle mit ihrem eingebauten Fokus auf „schnelles Denken“, wie Daniel Kahneman es formulieren würde – also automatisch, intuitiv, subjektiv –, verweisen.
Bleibt die Frage nach dem Wesen des Kommunikationsmanagements jenseits der Produktion und Vermittlung von Inhalten. Es ist offensichtlich, dass Sprache und Bilder in all ihren Erscheinungsformen für die kommunikative Darstellung in einer Gesellschaft des medialen Diskurses sehr wichtig sind. Die Arbeit der Kommunikation besteht aber, wie die Kommunikationswissenschaftler Timothy Kuhn, Karen Ashcraft und Francois Cooren schon 2017 unter Verweis auf Affekttheorien überzeugend herausgearbeitet haben, auch in der Schaffung und Pflege von persönlichen Beziehungen – innerhalb und außerhalb eines Unternehmens oder einer Organisation. Diese empathisch-physische Dimension der Kommunikation bleibt aber per definition Lebewesen mit Körperwärme und authentischen Gemütsbewegungen vorbehalten.
KI bringt nicht das Ende des Kommunikationsmanagement und es wird auch seine strategischen Erfolgsfaktoren nicht fundamental verändern. Dennoch werden KI-Tools bei der zeitnahen Erstellung von Lagebildern in komplexen Situationen, bei der Ideenentwicklung unter Zeitdruck und auch bei standardisierten Interaktion mit Zielgruppen eine immer wichtigere Rolle spielen. Sie können die Performanz bereits leistungsfähiger Kommunikationsfunktionen steigern. Aber bei auf diese Weise optimierten Augmented Communications bleiben Kommunikatorin und Kommunikator nur das was Sigmund Freud „eine Art Prothesengott“ genannt hat: „Recht großartig, wenn er all seine Hilfsorgane anlegt, aber sie sind nicht mit ihm verwachsen und machen ihm gelegentlich noch viel zu schaffen“.